Die verschiedenen Versicherungsfallbegriffe

Schadensereignistheorie

Ein Versicherungsfall wird als eine „während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses“ definiert. Durch die präzise Formulierung „Schadensereignis“, die auch als Schadenereignistheorie bekannt ist, ist der größte Teil der Haftpflichtschäden gut in den Griff zu bekommen. Während des materiellen Versicherungsbeginns (d.h. der Zeitpunkt, von dem ab der Versicherer den Versicherungsschutz gewährt) bis zum Ende des Versicherungsvertrages muss ein Personenschaden, Sachschaden, eventuell ein mitgedeckter Vermögenschaden eingetreten sein. Unerheblich ist dabei, ob sich die Ursache des Schadenereignisses während der Versicherungsdauer ereignet hat. Ein Sachverhalt soll diesen wichtigen Grundsatz der Schadenereignistheorie klarstellen:

L ist Inhaber eines Lampengeschäfts.

Dem Kunden K hat er eine schwere Deckenbeleuchtung verkauft, die er auch in dessen Wohnung am 15.3. montiert hat. Erst ab dem 1.4. hat L eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Am 25.5. fällt die montierte Deckenbeleuchtung herab und beschädigt in erheblichem Maße einen Biedermeiersekretär. Ursache für diesen Schaden war damals am 15.3. das Einsetzen eines zu schwachen Dübels. Gibt es einen Versicherungsschutz? Obwohl sich die fehlerhafte Montage vor Abschluss der BHV ereignet hat, haftet die Versicherung, weil das Schadenereignis während der Vertragsdauer eingetreten ist.

Hier eine andere Variante. Wie eben beschrieben, nur diesmal hatte L bis zum 1.4. bereits eine BHV bei der Versicherung A. Durch fristgerechte Kündigung hat L ab diesem Zeitpunkt bei der Versicherung B neu abgeschlossen. Für welches Versicherungsunternehmen besteht Eintrittspflicht? Da der Zeitpunkt des Schadenereignisses maßgebend ist, hat für diesen Schaden am 25.5. die Versicherung B einzustehen. Danach ergibt sich für den Versicherungsnehmer die versicherungsrechtliche Konsequenz, dass damit kein Versicherungsfall vorliegt, wenn nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses ein Schadenereignis eintritt, das kausal während des Versicherungszeitraums in Bewegung gesetzt wurde:

Fall 1:

Ein Fabrikationsbetrieb hat eine Betriebshaftpflichtpolice zum 1.7. gekündigt, ohne bei einer anderen Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt an neu abzuschließen. Ein vor dem 1.7. fehlerhaft hergestelltes und an den Kunden geliefertes Produkt schädigt den Abnehmer am 10.7. Es gibt keinen Versicherungsschutz.

Fall 2:

Wie eben beschrieben, nur diesmal hat der Fabrikationsbetrieb am 1.7. seine Tätigkeit wegen Betriebsaufgabe eingestellt. Risikowegfall: Es besteht kein Versicherungsschutz.

Gerade bei dem zweiten Sachverhalt mit dem Risikowegfall zeigt sich die erste gravierende Schwäche dieser Schadenereignistheorie. im Gegensatz zum fall 1 besteht in den fällen des vollständigen und dauernden Wegfalls eines Risikos kein Bedürfnis einer Fortsetzung des bisherigen Haftpflichtvertrages. Trotzdem schwebt über dem Kopf des Betriebsinhabers ein drohendes „Damoklesschwert“, das zu sehr unangenehmen finanziellen Folgen führen kann. Um einem derartigen misslichen Ausgang vorzubeugen, haben sich die Haftpflichtversicherer gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen verpflichtet, entweder den Versicherungsnehmer bei Risikowegfall auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Nachhaftungsversicherung hinzuweisen oder gleich unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen einer Firmenpolice einen Spätschadenversicherungsschutz miteinzubauen. Eine weitere Schwäche hat diese Schadenereignistheorie, wenn zwischen den haftungsbegründeten Ursachen und dem Schadenereignis  ein großer Zeitraum liegt.

Feststellungstheorie

Für neu abgeschlossene Haftpflichtversicherungen im Umweltbereich ist deshalb die Feststellungstheorie eingeführt worden. Wegen der Schwierigkeit mit der Feststellung des Versicherungsfalles hilft jetzt diese Theorie, die besagt, dass ein Versicherungsfall dann vorliegt, wenn ein erster nachprüfbarer Personenschade, Sachschaden oder Vermögensschaden durch den geschädigten, Versicherungsnehmer oder Dritten festgestellt wurde. Dies muss während der Wirksamkeit der Versicherung festgestellt worden sein, dabei ist die Erkennbarkeit von Ursache oder Umfang des Schadens nicht entschieden.

Beispiel: Der Versicherungsnehmer registriert seit etlicher Zeit einen gesteigerten Ölverbrauch. Ein Installateur wird herbeigerufen, der zunächst einmal keinen Defekt an der Heizung feststellen kann. Deshalb beschließt man, den Erdöltank zu untersuchen. Bei dieser Untersuchung stellt sich heraus, dass Öl aussickern konnte und das Erdreich verseucht wurde.

Aber ohne Nachhaftungsregelung würde der Versicherungsnehmer wiederum benachteiligt. deshalb wurde auch hier- ähnlich wie bei der Schadenereignistheorie- eine entsprechende Nachhaftungsbestimmung eingeführt.

Verstoßtheorie

Als dritte Form gibt es noch die „Verstoßtheorie“ (Ursachentheorie), sie kommt in erster Linie in der speziellen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung zur Anwendung. Der Versicherungsfall wird in den einschlägigen Bestimmungen als ein Verstoß definiert, der „Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte“. Dies bedeutet, dass der Versicherungsschutz grundsätzlich besteht, wenn der Verstoß in den Zeitraum des materiellen Versicherungsschutzes fällt, das Schadenereignis selbst kann dann durchaus nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses eintreten. Diese besondere versicherungsrechtliche Regelung des Versicherungsfalles ist sinnvoll, denn ein Vermögensschaden kann sich durchaus erst nach langer Zeit als sog. „Spätschaden“ bemerkbar machen.

Beispiel: Ein Notar erstellt für einen Erblasser ein Testament, das z.B. wegen eines Formfehlers von Anfang nichtig ist; der Erbfall tritt in 20 Jahren ein. Ein beträchtlicher Vermögensschaden ist dadurch aufgetreten. Der Notar ist schon seit 10 Jahren in Pension.

Wegen der Besonderheit des Versicherungsschutzes aufgrund des Vermögensprinzips hat der Versicherer eine sogenannte Nachhaftung eingebaut. Der Spätschadenschutz ist für viele Risiken auf 2 Jahre begrenzt (Ausnahme: Beamte, Insolvenz-Risiken, Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare; für diese gibt es einen zeitlich unbegrenzten Spätschadenschutz). Damit kein Gedankenfehler passiert: Dieses Verstoßprinzip hat keine Gültigkeit für die Vermögensschaden-Annexversicherung. Hier bleibt es bei der Schadenereignistheorie.

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